Aktuelles

15.06.2015

Dogmatisches Dickicht: Prüf- und Konsultationspflicht des Arbeitgebers auch bei interner Stellenbesetzung?

News / erstellt von Tobias Fischer

Landesarbeitsgericht Hamm 23.01.2015 – 13 TaBV 44/14

Die Arbeitgeberin ist eine Prüfungseinrichtung für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Zum 01.10.2013 hatte die Arbeitgeberin extern eine Prüfungsassistentenstelle ausgeschrieben.

Die Arbeitgeberin ist eine Prüfungseinrichtung für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Zum 01.10.2013 hatte die Arbeitgeberin extern eine Prüfungsassistentenstelle ausgeschrieben. Hierauf bewarben sich Frau Q und Frau N, wobei erstere sich knapp durchsetzte und mit Zustimmung des BR eingestellt wurde. Ebenfalls im Einverständnis mit dem Betriebsrat kam Frau N im Zeitraum ab 01.08 bis zum 31.12.2013 befristet als Praktikantin im Betrieb zum Einsatz.  Am 29.11.2013 schrieb die Arbeitgeberin intern eine weitere Prüfungsassistentenstelle aus und beantragte beim Betriebsrat am 13.12.2013 die Zustimmung zur befristeten Einstellung der einzigen Bewerberin N ab dem 01.01.2014.  Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zur Einstellung der Frau N mit dem Argument, die erforderliche korrekte Ausschreibung (angesichts der Aufgabenschwerpunkte) sei nicht erfolgt.

Daraufhin nahm die Arbeitgeberin am 21.01.2014 eine (erneute) interne Ausschreibung der Prüfungsassistentenstelle vor und bat den Betriebsrat um kurzfristige Zustimmung zur Einstellung der einzigen Bewerberin N. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung unter anderem mit Hinweis darauf, es dränge sich der Verdacht auf, dass diese Stelle nur mit Frau N besetzt werden solle. An einer ernsthaften Ausschreibung sei der Geschäftsführung offensichtlich nicht gelegen. Außerdem sei Frau N nach dem 13.12.2013 gar nicht mehr im Betrieb gewesen, das Praktikumsverhältnis sei jedenfalls zum 31.12.2013 beendet, so dass Frau N bei einer internen Ausschreibung als nunmehr Externe ausgeschlossen sei; der Betriebsrat empfahl deshalb dringend eine (neue) externe Ausschreibung und verweigerte rein vorsorglich die Zustimmung zur Einstellung der Frau N mit der Begründung, dass bisher keine Bescheinigung darüber vorliege, ob die zu besetzende Stelle nicht auch mit einer schwerbehinderten Person besetzt werden könne.

Die Arbeitgeberin erklärte gegenüber dem Betriebsrat, Frau N ab dem 04.02.2014 vorläufig einzusetzen und beantragt mit Schriftsatz vom 05.02.2014 u.a. die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Frau N. Die Arbeitgeberin meint, Frau N habe sich auf eine interne Stellenausschreibung bewerben können, weil das Praktikumsverhältnis über den 31.12.2014 hinaus fortgesetzt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht bestätigt diese Entscheidung: Der von der Arbeitgeberin gestellte Antrag auf Ersetzung der Zustimmung ist unbegründet. Der Betriebsrat hat zu Recht die Zustimmung jedenfalls gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigert, weil die Arbeitgeberin gegen ihre gesetzlichen Pflichten aus § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SGB IX verstoßen hat. Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind die Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit solchen, die bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldet sind, besetzt werden können. Zweck der Prüfungspflicht ist es, die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu fördern.

Zwar werde die Meinung vertreten, § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sei unanwendbar, wenn sich der Arbeitgeber bei der Besetzung eines frei werdenden oder neu geschaffenen Arbeitsplatzes von vornherein auf eine interne Stellenbesetzung festlege und die Einstellung möglicher externer Bewerber ausschließe (vgl. LAG Köln, LAG Saarland). Aus Sicht der Kammer lägen diese Voraussetzungen hier angesichts der konkreten Umstände des Falles schon nicht vor. Denn Frau N sei lediglich als Praktikantin tätig (gewesen) und hätte nicht den Status als Arbeitnehmerin, der im Sinn des § 93 BetrVG relevant sei; eine interne Stellenausschreibung  ziele darauf ab, Arbeitnehmer aufzufordern, sich auf einen anderen Arbeitsplatz zu bewerben.

Selbst wenn man dem nicht folgen würde, hält es das LAG Hamm mit der herrschenden Meinung im Schrifttum für sachgerecht, das Bestehen der Prüf- und Konsultationspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX auch in Fällen der Entscheidung des Arbeitgebers zu einer ausschließlich internen Stellenbesetzung anzunehmen. § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stelle auf freie Arbeitsplätze ab, ohne dass im Wortlaut dieser Norm danach differenziert werde, wie von Seiten des Arbeitgebers das Stellenbesetzungsverfahren gestaltet wird.