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02.12.2016

Die Leistungsverweigerung des Arbeitnehmers und die Reaktion des Arbeitgebers mit einer Kündigung

News / erstellt von Nazim Doyuran

Eine beharrliche Arbeitsverweigerung ist an sich geeignet, eine – außerordentliche – Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmer trägt das Risiko einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung eines Leistungsverweigerungsrechts.

BAG Urteil vom 22.10.2015 – 2 AZR 597/14

Die Parteien streiten wegen des Vorwurfs einer beharrlichen Arbeitsverweigerung. Nach längerer Diskussion und intensiver Korrespondenz über Inhalt und Rahmenbedingungen seiner Beschäftigung hatte der als Systemanalytiker und IT-Spezialist beschäftigte Kläger seine Tätigkeit für die Beklagte vollständig eingestellt. Dies begründet er mit einem Leistungsverweigerungsrecht, das sich aus dem Verhalten der Beklagten und der Unzumutbarkeit einer Fortführung seiner Tätigkeit ergebe. Nachdem der Arbeitgeber ergebnislos das Verhalten des Klägers abmahnte und ihn aufforderte, seine Arbeit aufzunehmen, wurde die fristlose Kündigung ausgesprochen.

Der Kläger hält die ausgesprochene Abmahnung für eine unzulässige Maßregelung und damit für unwirksam. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt.

Dem folgt das BAG allerdings nicht und sieht die Kündigung als gerechtfertigt an, da die Voraussetzungen einer berechtigten Leistungsverweigerung nicht vorliegen. Nach § 275 Absatz 3 BGB kann der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung verweigern, wenn sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Arbeitgebers nicht zugemutet werden kann. Er kann sich von der Pflicht zur Arbeitsleistung jedoch nur dann befreien, wenn sie für ihn im hohen Maße belastend ist (BAG Urteil vom 13.08.2010 – AZR 173/99). Nach § 273 Absatz 1 BGB kann dem Arbeitnehmer zudem das Recht zustehen, seine Arbeitsleistung zurückzuhalten. Dieses Recht setzt einen fälligen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber voraus. Konkret muss der Arbeitgeber eine seiner aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Haupt- oder Nebenpflichten schuldhaft nicht erfüllt haben und der Arbeitnehmer ihm klar und eindeutig mitteilen, welche Forderung er geltend macht, deren Erfüllung die Leistungsverweigerung beenden könnte. Maßgeblich für die Frage, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit einen Kündigungsgrund darstellt, ist die objektive Rechtslage (BAG Urteil vom 29.08.2013 – 2 AZR 273/12). Das Risiko einer rechtlich falschen Beurteilung eines Leistungsverweigerungsrechts trägt der Arbeitnehmer. Vor einer Kündigung kann ihn nur ein unverschuldeter Rechtsirrtum schützen, an den strenge Anforderungen zu stellen sind. Unverschuldet ist ein Rechtsirrtum lediglich dann, wenn der Arbeitnehmer nach sorgfältiger Prüfung und fachkundiger Beratung nicht damit zu rechnen brauchte, dass ein Recht zur Leistungsverweigerung auch verneint werden konnte; ein normales Prozessrisiko genügt hierfür nicht.

Fazit: Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts stellt nochmals eindeutig klar, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zurückhalten darf. Dies setzt zunächst einen fälligen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber voraus. Der Arbeitgeber muss eine seiner aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Haupt- oder Nebenpflichten schuldhaft nicht erfüllt haben und der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber klar und eindeutig mitteilen, für welche Forderung er die Arbeitsleistung zurückhält. Dem Arbeitgeber muss es möglich sein, durch Erfüllung dieser Forderung die Leistungsverweigerung zu beenden.