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28.10.2015

Betriebsübergang: Widerspruch häufig auch nach Ablauf der Monatsfrist wegen unvollständiger Unterrichtung möglich

News / erstellt von Tobias Fischer

Das Bundesarbeitsgericht stellt hohe Anforderungen an die Unterrichtung im Sinn des § 613a Abs. 5 BGB.

Allgemein gilt:

1.Bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB tritt der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus den mit dem bisherigen Arbeitgeber begründeten Arbeitsverhältnissen ein, d.h. die Arbeitsverhältnisse gehen auf den Erwerber über. Das Arbeitsverhältnis geht dann nicht über, wenn der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den Betriebsübergang widerspricht (§ 613a Abs. 6 BGB). Ist diese Unterrichtung über den Betriebsübergang jedoch unvollständig, wird die Monatsfrist nicht in Gang gesetzt.

2.Worüber der bisherige Arbeitgeber oder der Erwerber die Arbeitnehmer hinsichtlich des Betriebsübergangs zu unterrichten hat, listet § 613a Abs. 5 BGB auf: (1) den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, (2) den Grund für den Übergang, (3) die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und       (4) die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen. Was das im Einzelnen konkret bedeutet, ist häufig Gegenstand gerichtlichen Streits, beispielsweise in diesen beiden Verfahren:

BAG 26.03.2015 – 2 AZR 783/13


In dem diesem Verfahren zugrunde liegenden Fall wurde der Arbeitnehmer anlässlich eines Betriebsteilübergangs im Rahmen der Unterrichtung darauf hingewiesen, dass vertragliche Bezugnahmeklauseln auf tarifliche Regelungen durch den Betriebsteilübergang nicht berührt würden. Zuvor hatte der Erwerber sich in einem Newsletter allerdings auf den Standpunkt gestellt, ein bestimmter Tarifvertrag, der beim bisherigen Arbeitgeber (den britischen Streitkräften in Deutschland) zur Anwendung gekommen sei, gelte bei ihm als Dienstleistungsunternehmen nicht.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die für die Unterrichtung bezüglich vertraglicher Bezugnahmeklauseln übliche Formulierung im vorliegenden Fall nicht ausreichend war. Es bedarf zusätzlich eines entsprechenden Hinweises, wenn die Anwendungsvoraussetzungen des in Bezug genommenen Tarifvertrags beim Erwerber möglicherweise nicht mehr vorliegen (können). Deshalb beurteilte das BAG die vorgenommene Unterrichtung als unvollständig. Der klagende Arbeitnehmer konnte deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auch nach Ablauf der Monatsfrist noch widersprechen.

LAG Düsseldorf, 14.10.2015 – 1 Sa 733/15

Die Klägerin war in einem Gastronomie- und Cateringunternehmen beschäftigt. Sie wurde darüber informiert, dass ihr Arbeitsverhältnis auf einen neuen Betreiber übergeht. In dem Unterrichtungsschreiben war erwähnt, dass bis auf Weiteres eine unveränderte Fortführung des Betriebs vorgesehen war. Die Klägerin setzte ihre Tätigkeit zunächst bei dem neuen Betreiber fort. Dieser neue Betreiber schloss ca. sechs Monate später den Betrieb und kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Daraufhin widersprach die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betreiber.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied, dass jene Unterrichtung die Monatsfrist für den Widerspruch nicht in Gang gesetzt hatte, weil das Schreiben den Eindruck einer längerfristigen Beschäftigungsmöglichkeit erweckte, die so nicht gesichert war. Daraus ergab sich die Unvollständigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in dem Verfahren die Revision zugelassen, so dass sich das Bundesarbeitsgericht aller Voraussicht nach mit diesem Fall noch beschäftigen wird.