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04.12.2018

Verwirkung des Widerspruchsrechts beim Betriebsübergang bei nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung des Arbeitnehmers

News / erstellt von Tobias Fischer

BAG 21.12.2017 – 8 AZR 700/16

Der Arbeitnehmer war in einem Betriebsteil tätig, der zum 1.1.2006 gemäß § 613a BGB auf einen Erwerber überging. Er wurde mit Schreiben vom 14.11.2005 hinsichtlich des Übergangs unterrichtet. Jenes Schreiben enthielt einige relevante Angaben nicht. Der Arbeitnehmer widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zunächst nicht und arbeitete ab dem 1.1.2006 für den Erwerber. Erst am 1.9.2015 hat er widersprochen und die gerichtliche Feststellung begehrt, das Arbeitsverhältnis mit dem den Betriebsteil veräußernden Unternehmen bestehe fort.

Das Arbeitsgericht gibt der Klage statt. Auf die Berufung des Unternehmens weist das Landesarbeitsgericht die Klage ab, lässt aber die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt Folgendes fest:

Erfolgt die Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ordnungsgemäß, beginnt die Monatsfrist für den Widerspruch im Sinn des § 613a Abs. 6 BGB nicht zu laufen.

Dennoch kann das Widerspruchsrecht verwirkt werden, also verloren gehen. Eine solche Verwirkung (bedeutet unzulässige Rechtsausübung, also einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben) setzt aber ein entsprechendes Umstands- und Zeitmoment voraus.

Umstandsmoment: der Arbeitnehmer gibt zu erkennen, dass er an der Vertragsbeziehung zum bisherigen Arbeitgeber (Veräußerer) nicht festhalten will (z.B. neuer Arbeitsvertrag mit dem Erwerber geschlossen). Das bloße Weiterarbeiten beim Erwerber begründet dieses Umstandsmoment jedoch in der Regel noch nicht! Dennoch kann die Ausübung des Widerspruchs trotz bloßer Weiterarbeit beim Erwerber für den Veräußerer unzumutbar sein, wenn die bloße Weiterarbeit über einen erheblichen Zeitraum erfolgt. Für die Bestimmung der Größe dieses Zeitraums sind die wechselseitigen Interessen zu berücksichtigen, so das BAG. Dieser Zeitraum muss deutlich mehr als drei Jahre und deutlich weniger als zehn Jahre betragen. Sieben Jahre sind nach Ansicht des BAG angemessen.

Im vorliegenden Fall war das Widerspruchsrecht nach über neun Jahren verwirkt.